Die Nordseeküste – endlose Weite, lange Sandstrände, gesunde, salzhaltige Luft, das Watt, kleine Inseln, schmucke Dörfer, hübsche Städte und viele Windparks. Als einer der vielversprechendsten erneuerbaren Energiequellen entsteht hier elektrische Energie aus Windkraft. Die Windenergie als Ökostromerzeuger leistet einen wertvollen und nachhaltigen Beitrag zur Energiewende, auch eine Art von effizientem Energiemanagement.
Ich bin bei unserem Technologie-Partner, der Firma Frank Höpcke Haus und Technik GmbH, zu einem Workshop nach Cuxhaven eingeladen worden. Es geht heute inhaltlich um Use Cases zum Energiemanagement. Wir wollen hier einen weiteren Einstieg unserer Open Source basierten No-Code-Plattform titan mit Energy ideas in das Internet of Things (IoT) ermöglichen.
Der Empfangsbereich bei Frank Höpcke macht was her, modern und technologisch auf dem neuesten Stand konzipiert. Der Firmengründer begrüßt mich mit entsprechenden Abstand herzlich und meine Blicke schweifen direkt auf den großen Bildschirm, der links vom Empfangstresen auf der großen Wand nicht zu übersehen ist.
CO2-Neutral – Kleine Lösung mit großer Wirkung
„Das ist mein Beitrag zur CO2-Neutralität, den ich leiste“, beginnt Frank Höpcke unser Gespräch. „Wir arbeiten in unserem Geschäftshaus nur mit Strom und erzeugen diesen sogar selbst.“, führt Frank Höpcke weiter aus. „Wir haben auf dem Dach eine Photovoltaikanlage mit 10 KW Leistung platziert, unser im Holzrahmenbau entstandenes „Green-House“ hat einen super k-Wert. Dieser wird heute meist U-Wert genannt und beschreibt den sogenannten Wärmedurchlasskoeffizienten. Er macht Angaben darüber, wie gut eine Wand gedämmt ist oder welche Auswirkungen eine zusätzliche Dämmung hat.“ Ich staune nicht schlecht und Frank Höpcke holt weiter aus: „Unser Firmengebäude ist in Ost-/West-Ausrichtung positioniert. Wir haben somit den ganzen Tag Sonne. Und wenn das Gebäude nicht besetzt ist, öffnen sich je nach Sonnenstand die Jalousien. Wir heizen dann mit der Sonnenenergie einfach über die Fenster.“, wie es Frank Höpcke so schön salopp ausdrückt.
Green Building Konzept – das „Mehr“ an Strom in die Cloud
Der Unternehmer nimmt mich nun quasi mit Distanz an die Hand und wir machen uns auf den Weg in die Technikzentrale. Dort angekommen, staune ich umso mehr. Über Wärmepumpen wird das Gebäude im Regelbetrieb geheizt und der 7,5 KW Stromspeicher mit Wechselrichter nimmt die Solarenergie vom Dach auf. Nachts wird dann der Strom aus dem Speicher, den Akkus entnommen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass mehr Strom erzeugt als benötigt wird. Das „Mehr“ an Strom wird ins externe Netz in eine Strom-Cloud gespeist. Im Winter, im Schwachlastbetrieb, wird dann der Strom
aus der Cloud bezogen. Diese ganzen Daten und Statusmeldungen wie auch Wetterinformationen werden auf dem Display, dem Bildschirm im Foyer aktuell zur Anzeige gebracht. Der Jahresverbrauch liegt bei ca. 5.500 KWh. Das ist nicht wirklich viel Energieverbrauch und da ist Frank Höpcke mit seinem Green Building Konzept zurecht mächtig stolz. Kleine Lösung, große Wirkung. Wir trinken unseren ersten Pott Kaffee im Besprechungsraum.
Was genau ist eigentlich Energiemanagement?
Der Begriff Energiemanagement bezeichnet das Produkt verschiedener Maßnahmen und Strategien, mithilfe derer Energie beschafft, verteilt und genutzt werden kann. Das primäre Interesse gilt dabei der Absicht, Energieverbräuche zu reduzieren und die Energieeffizienz zu optimieren, um wirtschaftliche und ökologische Ziele zu erreichen.
Ein umfassendes Energiemanagement setzt dafür sowohl im Bereich technischer und baulicher Standards an als auch an der Schnittstelle zwischen der digitalen Erfassung relevanter Verbrauchsdaten sowie deren Auswertung. Nicht zuletzt spielen auch menschliche Verhaltensweisen eine Rolle. Damit gewinnt Energiemanagement nicht nur auf politischer, institutioneller und betriebswirtschaftlicher Ebene weiter an Relevanz, sondern auch für den Einzelnen.
Teilweise werden im Zusammenhang mit dem Energiemanagement Begriffe wie „Energiecontrolling“ oder „Energiemonitoring“ verwendet, was eine Abgrenzung nicht leicht macht und eine Vielzahl verschiedener Definitionen ins Leben gerufen hat. Controlling und Monitoring konzentrieren sich jedoch vornehmlich auf die Auswertung bzw. die Erfassung von Daten – sie decken damit nur Teile des Anwendungsbereiches eines ganzheitlichen Energiemanagements ab. Eine Definition, die neben der wirtschaftlichen Dimension unter anderem auch ökologische Aspekte betrachtet, findet sich zum Beispiel in der Richtlinie „VDI 4602“ des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI).
Mit Standards die Energieeffizienz im Blick behalten
Mit einem Energiemanagementsystem lassen sich Energieverbräuche digital erfassen, Einsparpotenziale aufdecken und effizienzsteigernde Maßnahmen implementieren. Wie genau so ein System auszusehen hat, ist nicht verpflichtend festgelegt. Allerdings gibt es zertifizierte Energiesysteme, deren Einsatz sich lohnen kann. So ist seit dem 1. Januar 2013 ein zertifiziertes Energiemanagement die Voraussetzung, um beispielsweise steuerliche Entlastungen nach §55 des Energie- und §10 des Strom-Steuergesetzes in Anspruch nehmen zu können.
Für die Zertifizierung von Energiemanagementsystemen gibt es verschiedene Standards:
- Als internationaler Standard gilt die ISO 50001, die in Deutschland als DIN EN ISO 50001 im Jahr 2012 in Kraft getreten ist. Sie regelt die Anforderungen, die ein Energiemanagementsystem erfüllen muss, um zertifiziert zu werden.
- Über das EU-Umweltmanagement-Gütesiegel EMAS, das auf der der ISO 14001 aufbaut, kann ebenfalls eine Zertifizierung erfolgen. Hier ist jedoch Achtsamkeit geboten, da über EMAS zwar ein Großteil der Anforderungen an ein systematisches Energiemanagement abgedeckt werden kann, dadurch aber nicht automatisch die Voraussetzungen der DIN EN ISO 50001 erfüllt werden.
- Eine dritte Option kann eine Zertifizierungsgesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen sein. Diese werden durch die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) überprüft. Die DAkkS bietet online eine Übersicht der akkreditierten Stellen.
Das betriebliche Energiemanagement der ISO 50001 folgt dem PDCA-Kreislauf, den auch verschiedene andere Managementsysteme nutzen. Eine Implementierung in ein möglicherweise bereits vorhandenes System wird dadurch erleichtert. Das Akronym PDCA steht für ein dynamisches, sich wiederholendes Modell – Plan, Do, Check und Act – mit dem Energieverbräuche in vier Phasen immer wieder neu bewertet und optimiert werden können. Ziel ist die kontinuierliche Senkung der energiebezogenen Kosten.
PDCA-Kreislauf
- Plan (Planen): Energiesparziele aufstellen, Strategie festlegen, Maßnahmen und Verantwortlichkeiten festlegen, erforderliche Mittel bereitstellen, Aktionsplan aufstellen
- Do (Umsetzen): Managementstrukturen zur Unterhaltung eines kontinuierlichen Prozesses einführen, Verbesserungsmaßnahmen durchführen (z.B. effiziente Technologien/Verfahren)
- Check (Kontrollieren): Überprüfung des Zielerreichungsgrades und der Effektivität des Energiemanagementsystems, Sammlung neuer Ideen via Energieaudit, ggf. Einbeziehung eines externen Experten
- Act (Handeln): Strategische Optimierung durch Zusammenfassung der aktuellen Energiedaten, der Auditergebnisse und neuer Erkenntnisse, Bewertung des Fortschritts anhand aktueller Energiemarktdaten, Ableitung neuer Ziele
Industrie 4.0 und Energiemanagement
Da sich Industrie 4.0 vom Konzept zur Realität bewegt, liegt der Fokus auf der Energieeffizienz. 22% der weltweiten Treibhausgasemissionen stammen laut epa.gov aus der Industrie. Durch die Implementierung von Energiemanagement in der Industrie können wir anfangen, Emissionen und Kosten zu steuern. Die gute Nachricht ist, dass Energieeffizienz leicht zu messen und somit zu optimieren ist. Das Einsparpotenzial von Energieeffizienzinitiativen ist definierbar, klar und erreichbar.
Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Energiemanagementsysteme bis zu 20% der jährlichen Energiekosten für Unternehmen einsparen können. Sie sorgen auch dafür, dass der gesamte Prozess aus Sicht des Managements effizienter und leichter durchführbar ist. Industrie 4.0 führt das Konzept der „Smart Factories“ (Smarte Fabrik) ein. Die physischen Systeme in der Fabrik sind drahtlos mit dem Internet der Dinge verbunden, kommunizieren und kooperieren miteinander und mit menschlichen Bedienern, um ihre Funktionen auszuführen.
Die produzierten Maschinen, Komponenten und Produkte können Daten in Echtzeit sammeln und gemeinsam nutzen. Das Hauptergebnis ist die Verlagerung von einer zentralen Steuerung hin zu einem dezentralen intelligenten System.
Dieses Diagramm gibt einen guten Überblick über die grundlegende Architektur:
Das Wichtigste ist wahrscheinlich die Tatsache, dass sich Informationsflüsse in einem solchen System in viele verschiedene Richtungen bewegen. Dies erhöht das Kommunikationspotenzial exponentiell. Mit so vielen verfügbaren Daten wird die Optimierungsmöglichkeit dramatisch erhöht. Es gibt unbegrenzte Möglichkeiten für IoT, diesen Optimierungsprozess zu beeinflussen. Aber wie genau funktioniert Energiemanagement in einer Industrie 4.0-Umgebung?
Hier sind die Kernkomponenten:
- Messung der Energieflüsse und des Energieverbrauchs
- Ungleichgewichte und Bereiche mit Verbesserungspotenzial identifizieren
- Baseline – verstehen, wie Energieflüsse aussehen sollen, und Warnungen senden, wenn sie nicht im Gleichgewicht sind
- Fernsteuerung von Komponenten zum Lastausgleich und zur Kostenkontrolle
Das Schöne an Industrie 4.0 ist, dass die Arbeit geleistet wurde, was insbesondere in Bezug auf das Energiemanagement eindeutig zu einer Rendite führt. Damit die Produzenten wettbewerbsfähig bleiben können, ist die Umsetzung dieser Systeme ein Muss. Und mit einer so großen Chance, die CO2-Emissionen insgesamt zu senken, ist es jetzt an der Zeit, Industrie 4.0 zu implementieren. Industrie 4.0 braucht also Energiemanagement.
Große, energieintensive Unternehmen auf der ganzen Welt haben erhebliche Fortschritte bei der Umsetzung betrieblicher und technischer Änderungen gemacht, um ihr Energieeffizienzpotenzial zu realisieren. Dieses Potenzial bleibt jedoch für KMU weitgehend ungenutzt – obwohl sie 99% aller Unternehmen auf der Erde ausmachen. Aus diesem Grund haben wir von wobe-systems gemeinsam mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) im Förderprojekt titan das titan Control Center entwickelt, das Unternehmen und Energiedienstleister das verborgene Energieeinsparpotenzial durch verschiedene Maßnahmen in Echtzeit zeigt. Aber dazu später mehr.
Genug Gründe für Energiemanagement im industriellen Mittelstand
Industrie- und Gewerbebetriebe haben in Deutschland einen Anteil von gut 40% am gesamten Energieverbrauch des Landes. Ein Energie-Experte bezeichnet einmal die Energieeffizienz im industriellen Mittelstand als den „schlafenden Riese der Energiewende“. Mehr als 90% der verarbeitenden Betriebe in Deutschland machen den industriellen Mittelstand aus. Es gibt genug Gründe, warum Energiemanagement im industriellen Mittelstand wichtig ist und welche Potenziale sich damit aufdecken lassen.
Ein Energiemanagementsystem ermöglicht die systematische Erfassung aller Verbräuche innerhalb eines Unternehmens. Auf der Grundlage der erfassten Daten ergibt sich die Möglichkeit einer tiefen gehenden Analyse des Stromverbrauches. Dadurch lassen sich je nach System Fragen nach dem Stromverbrauch pro Werkstück oder aber der Entstehung einer Lastspitze analysieren. Durch neue ausgereifte Analysealgorithmen wird es zukünftig auch möglich sein, Stillstände durch frühzeitige Erkennung von Fehlern oder Verschleiß zu minimieren. Die Analyse von Abweichungen in den Energiedaten bietet die Grundlage frühzeitig mögliche Ausfälle von Maschinen durch Defekte oder Verschleiß zu erkennen.
Doch warum sollte sich ein mittelständisches Unternehmen ein Energiemanagementsystem zulegen?
√ Einsparung von Kosten
Die neue Transparenz durch die erfassten Daten bietet die Möglichkeit unerkannte Verbraucher zu erkennen. Die Erfahrung bei unseren Kunden zeigt, dass die typischen Einsparpotenziale in verringerten Trafoverlusten, unbemerkten Standby-Lasten und vermeidbaren Lastspitzen liegen. So liegt das typische Einsparpotenzial an Energiekosten nach Einführung eines Energiemanagement-systems bei 5%-20%. Das niedrigere Kostenniveau erhöht somit auch die Wettbewerbsfähigkeit eines Industrieunternehmens.
√ Erhöhung der Produktivität
Per Definition steigt die Produktivität in der Produktion, wenn die Ausbringungsmenge im Verhältnis zur Einsatzmenge steigt. Die Folge ist, dass bei gleichbleibenden Ressourceneinsatz mehr produziert wird. Ein Energiemanagementsystem bietet die Möglichkeit die Menge an Energie, die in die Produktion fließt zu messen und somit Schwachstellen, die zu unnötigen Mehrverbräuchen führen, aufzudecken. Unsere Erfahrungen im Mittelstand zeigen folgende typische Schwachstellen, die einer effizienten Produktion im Wege stehen:
- Über den Bedarf hinausgehende Anlagen und Betriebszeiten
- Fehlendes Controlling der Energiekosten
- Nicht erkannter Wartungsbedarf
√ Fehlersuche bei kritischen Betriebszuständen
Mit Hilfe eines Energiemanagementsystems lassen sich Betriebszustände über den erfassten Leistungsbezug überwachen. Wenn es notwendig ist, dass bestimmte Anlagen wie beispielsweise Pumpen dauerhaft in Betrieb sind und ein Ausfall zu vermeiden ist, hilft das Energiemanagementsystem dabei, dies sicherzustellen. Zusätzlich lässt sich die Power Quality, also die Versorgungsqualität des Stromversorgers kontrollieren und mögliche Probleme in der Spannungsqualität, beispielsweise Oberschwingungen, können aufgedeckt werden. Darüber hinaus lässt sich die Brandgefahr durch Überwachung der N-Leiterströme reduzieren.
√ Einsparung von Ressourcen
Die Einsparung von Ressourcen ist eine der direkten Folgen eines verringerten und effizienteren Energieverbrauches. Dies schlägt sich nicht nur auf der Stromrechnung des Unternehmens nieder, sondern kommt auch der Umwelt zugute.
√ Erleichterung des Energieaudits durch kontinuierliches Energiemanagement
Im Rahmen der beschlossenen Energiewende gewinnen Energieaudits bei Unternehmen für den Gesetzgeber an Bedeutung. Auch wenn kleine und mittelständische Unternehmen von der Pflicht ein Energieaudit durchzuführen ausgeschlossen sind, stellt das Energieaudit die Voraussetzung für steuerliche Vorteile dar. Ein vorhandenes Energiemanagementsystem vereinfacht die Durchführung von Energieaudits deutlich. Das Energieaudit sieht eine Erfassung der Energiedaten als Vorbereitung für die Vor-Ort-Begehung durch den Energieauditor vor. Durch die Implementierung eines Energiemanagementsystems liegen die relevanten Daten für das Audit bereits vor und können dem Auditor unkompliziert zur Verfügung gestellt werden.
√ Höhere Datengenauigkeit
Durch die kontinuierliche Erfassung der Energiedaten in hoher Auflösung besteht die Möglichkeit einer ausführlicheren Analyse gegenüber einer punktuellen manuellen Erfassung. Die Verfügbarkeit von hoch aufgelösten Daten über einen längeren Zeitraum macht es möglich, aus den historischen Verbräuchen zu lernen und zielgerichtete Maßnahmen abzuleiten. Zum Beispiel besteht die Möglichkeit, auf der Grundlage historischer Daten den optimalen Wartungszeitpunkt (Predective Maintenance) einer Maschine zu bestimmen und dadurch potenzielle Stillstände in der Produktion zu minimieren.
Energiemanagement – Der Verbrauch folgt der Erzeugung
In der Realisation von Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge steckt eine große Chance, die Energiewende und die damit verbundenen Effizienzverbesserungen umzusetzen. Ressourcenschonung und Steuerung des Energieverbrauchs sind Teil des Veränderungsprozesses. In Unternehmen sollte dabei ein Gesamtenergiekonzept für alle Bereiche zum Zuge kommen. Entwicklungen und reale Anwendungen der digitalen Fabrik nach dem Konzept Industrie 4.0 zeigen, dass in der Art des Energieeinsatzes und im Verbrauch erhebliche Verbesserungen möglich sind. Flexible Arbeitsprozesse, vollautomatisierte berechenbare Produktionen, Transparenz der Daten und Skalenvorteile erlauben eine feine Steuerung.
Just in Time gilt in diesem Kontext nicht nur für die Fabrikation, sondern auch für den präzisen Einsatz von Energie. Digitalisierung liefert die Grundlage für ein Konzept des Energiemanagements. Smart Grid (intelligentes Stromnetz) und Smart Metering (intelligente Stromzähler) ermöglichen eine genaue Aufschlüsselung der Verbrauchskosten. Um die Vorteile von Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge für den richtigen Energieeinsatz zu nutzen, sind Smart Grid und Smart Meter Voraussetzung. Smart Grid vernetzt in diesen Rahmen Stromerzeuger, Stromverbraucher und Stromspeicher miteinander. Eine internetbasierte Kommunikation in Echtzeit ist möglich.
Daten können in alle Richtungen interpretiert werden. Gegliedert nach ihrem Entstehungsort, Verbrauch zu welcher Tages- oder Nachtzeit, nach Geräten und Maschinen, detaillierter Gesamtverbrauch nach Art und Quelle des Stroms und des Anbieters. So richtet sich beispielsweise der Verbrauch nach der Erzeugung. Angeschlossene Stromspeicher wissen, wann sie Strom sammeln oder Strom in das Netz einspeisen.
Besondere Herausforderungen – Analyse und Umbau im Bestand
Umstellungen von Produktionsprozessen im Rahmen von Industrie 4.0 erfolgen nicht nur in Form kompletter Neuinstallationen. Auch technisch auf dem jüngsten Stand befindliche Fabriken werden in die voll digitalisierte Welt überführt. Eine gründliche Bestandsaufnahme und Analyse der Energietechnik ist dabei ein wichtiger Teil der Technikumstellung. Dies kann eine Aufgabe für externe Spezialisten sein, deren Engagement sich aus den laufenden Einsparungen lohnt. In diesem Umfeld sind im Zuge der Digitalisierung neue Geschäftsmodelle entstanden.
Spezialisierte Energieberatungsunternehmen bieten Ingenieur-Dienstleistungen an, die den gesamten Energiebedarf unter die Lupe nehmen. Ziel ist es, alle Potenziale zu heben. Dieser Weg ist für die Betriebe oft lohnend, da keine Investitionen nötig sind. Die Vergütung richtet sich nach der Anzahl der eingesparten Kilowattstunden (Euro pro KWh). Eine andere Innovation offenbart das Geschäftsmodell, Energiemanagement in Form von Software as a Service (SaaS) umzusetzen. Externe Spezialisten nehmen den gesamten Komplex Energie unter Vertrag.
Zentrale Erfassung und Auswertung durch einen auf Energieeffizienz gepolten Ingenieur führen zu tiefergehenden Analysen, die bis in Vorschläge für Neu- und Ersatzinvestitionen gehen, um die Energiekosten zu senken. Auf Augenhöhe mit dem Management sind sie auf Mehrwert fokussiert. Eine Reduzierung des Energieverbrauchs kann anhand absoluter Zahlen ermittelt und gesteuert werden. Effektiv für komplexe Prozesse ist der Einsatz von Korrelationsanalysen. Durchgeführte Optimierungen werden etabliert und in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess integriert. Wahre Effizienz entsteht, wenn ein ganzheitliches Konzept über dem Monitoring und Engineering steht.
Energiemanagement-Software löst den Knoten bei Big Data
Aufbereitete Energiedaten bilden die Grundlage für Anwendungskonzepte, die in visualisierter Form bereitstehen. Reporting-Werkzeuge geben konkrete Hinweise auf Einsparpotenziale und berechnen Modelle, die Strategien für mehr Effizienz aufzeigen. Dabei geht es im Rahmen eines alles umfassenden Energiemanagements vor allem um ein ganzheitliches Konzept. Sowohl das Management als auch der Operator in der Werkhalle werden in einem integrierten System informiert und geführt.
In vielen hiesigen Unternehmen ist der Energie-Audit bereits Standard. In Zeiten von Big Data ist die reine Verwaltung von Daten überholt. Daten sind zunehmend das Kernstück der Wertschöpfung für alle Industrien: „Daten sind das neue Öl“. Hochwertige Systeme liefern keine endlosen Zahlenkolonnen mehr, sondern sie werden qualifiziert analysiert, sortiert, geordnet und im Gesamtgeschehen (Business Intelligence) interpretiert. Entsprechende Vernetzungen überwinden schlussendlich verschiedene Standorte, Produktionslinien, Tochterfirmen und Partner.
Open Source Integrationsplattform titan und das titan Control Center
Wieder zurück im Besprechungsraum von Frank Höpcke. Der Geschäftsführer skizziert seine Ideen auf ein weißes Blatt Papier. Es geht um einen einfachen Heizungskreislauf mit Dreiwegeventil, Heizungspumpe, Sensoren für Vor- und Rücklauftemperatur, mit einem Wärmemengenzähler und einem Elektrozähler. Und nun kommt der Meter-Bus (M-Bus), der Feldbus für die Verbrauchsdatenerfassung, ins Spiel. Die Sensor- und Messdaten werden dann zukünftig über ein M-Bus-Gateway mit der Open Source Integrationsplattform titan verknüpft.
So weit, so gut. Während Frank Höpcke noch die restlichen Informationen aufs Papier bringt, habe ich in der Zwischenzeit die Energiemanagement Test-Instanz des titan Control Center geöffnet.
Im titan Control Center werden Energieverbraucher, Sensoren oder auch Energiezähler in einem hierarchischen Modell angeordnet. Die Energieverbraucher sind in Gruppen (Anlagen/Maschinen/Sensoren) und weiter in übergeordneten Gruppen (Gewerke) zusammengefasst. Sämtliche Energiedaten können aktuell und auch historisch über vordefinierte Zeitfenster angezeigt werden. Auch eine genaue Trenddarstellung ist über Pfeilsymbolik möglich. Über Mouse-Scroll kann der angezeigte Bereich verkleinert oder vergrößert werden. Weitere Diagramme sollen primär dazu dienen, Lastspitzen aufzuzeigen. Frank Höpcke schaut gespannt zu.
Ich erkläre meinem Geschäftspartner das „Composition“-Diagramm. Dort wird dargestellt, wie sich z.B. der Stromverbrauch einer Gruppe auf seine Untergruppen (Maschinen) aufteilt. Sinn dieser Visualisierung ist, zu erkennen, welche Verbraucher zu welchem Anteil für den Stromverbrauch des Unternehmens verantwortlich sind. Frank Höpcke fragt nach den Diagrammen „Weekly Course“ und Daily Course“. Diese Diagramme zeigen den durchschnittlichen Verbrauch der Gruppe (Maschine) im Laufe einer Woche bzw. eines Tages an. Fazit: Diese Inhalte ermöglichen es also, tägliche oder wöchentliche Muster zu erkennen.
Beispielsweise könnte man so erkennen, dass an einem Mittwochvormittag der Verbrauch immer eher niedrig ist und man versucht dann, verbrauchsintensive Aufgaben auf diese Zeit zu legen, um einen ausgeglicheneren Gesamtverbrauch zu erhalten. Auch wäre es möglich, unbekannte Verbraucher zu erkennen, wenn zu bestimmten Uhrzeiten der Verbrauch immer höher ist als zu anderen, ohne dass es hierfür einen offensichtlichen Grund gibt.
Frank Höpcke folgt meinen Ausführungen interessiert weiter. Die „Comparison“ Ansicht ermöglicht es, verschiedene Verbraucher/Gruppen miteinander in eine Beziehung zu bringen. Dazu werden ein oder mehrere synchronisierte Diagramme angezeigt, die jeweils ein oder mehrere Maschinen (Gruppen) anzeigen können. Der Zweck dieser Ansicht ist, aus der Korrelation heraus mögliche Abhängigkeiten festzustellen.
Das titan Control Center verfügt weiterhin über eine Software-Komponente, die Anomalien in Verbrauchsdaten erkennt. Dies gilt sowohl für „echte“ Maschinendaten als auch für aggregierte Daten für Gruppen von Maschinen. In erster Linie dient die Anomalie-Erkennung als Maß für eine Fehlererkennung. Bei Fehlern in Geräten, Maschinen oder Produktionsprozessen verhalten sich diese eben nicht normal. Ein anomales Verhalten des Stromverbrauchs kann daher auf einen auftretenden Fehler hinweisen. Oft reicht es nicht aus, Anomalien im Stromverbrauch ausschließlich in Bezug auf die Zeit zu erkennen.
Der Leistungsverbrauch vieler Geräte unterliegt äußeren Einflüssen wie der Temperatur und insbesondere in Produktionsumgebungen folgen die Betriebszeiten von Maschinen nicht den täglichen oder wöchentlichen Mustern. Die Wechselbeziehung des Stromverbrauchs mit Umgebungs-, Betriebs- und Planungsdaten hilft daher bei der Erkennung von Anomalien. Darüber hinaus erweckt die Erkennung von Anomalien bei den Anlagenbetreibern Optimierungspotential und natürlich Predictive Maintenance. Sie unterstützt auch beim Reporting des Stromverbrauchsverhaltens.
„Können eigentlich beliebige Daten mit Hilfe der Open Source Integrationsplattform titan über den Flow Editor, die Engine ins titan Control Center integriert werden?“ „Ja, das geht sehr einfach über No-Code Programmierung und über die flow-basierte Konfiguration in titan.
Die Ergebnisse des titan Control Centers, wie die vorhin angesprochenen Anomalien oder Aggregationen können im titan Flow-Editor weiterverarbeitet werden. So kann mit einem Flow ein Messenger-Dienst angestoßen oder eine E-Mail versendet werden, wenn eine Anomalie erkannt wurde.“
Energiemanagement sorgt für den Überblick
In den Unternehmen steigt der Bedarf nach einem Energiemanagement. Mit der ISO 50001 und entsprechenden Software-Systemen stehen nun wirkungsvolle Werkzeuge zur Verfügung. Nicht nur die Digitalisierung sorgt für Umbrüche in den Unternehmen. Auch Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz treiben die Verantwortlichen um. Die Firmen in der Industrie machen sich zunehmend daran, ressourcenschonender und energieeffizienter zu arbeiten. Für zusätzliche Dynamik hat dabei das Klimapaket der Bundesregierung gesorgt, bei dem der CO2-Preis höher angesetzt wurde als ursprünglich gedacht. Damit steigt auch der Bedarf nach Lösungen, die Unternehmen beim Management ihres Energieverbrauchs unterstützen.
Frank Höpcke und ich sind uns am Ende des Tages sicher. Diese Entscheidung wird die Nachfrage nach Energiemanagement-Systemen deutlich steigern, weil damit viel Energie und damit auch CO2 eingespart werden kann. Vor allem in der energieintensiven Industrie ist die Optimierung der Prozesse sowie des Lastmanagements die treibenden Motive, mehr als bisher in Energiemanagement-Lösungen zu investieren. Basis für ein erfolgreiches Energiemanagement sind die Daten. Nur wenn diese ausreichend und möglichst genau verfügbar sind, können die entsprechenden Systeme daraus nützliche Analysen erstellen. Gut, dass wir von wobe-systems mit der Open Source Integrationsplattform titan und dem titan Control Center dafür eine spezielle Lösung im Portfolio haben.
Links
https://link.springer.com/article/10.1007/s42488-021-00043-5
https://www.haufe.de/thema/energiemanagement/
https://blog.smart-cost.com/die-industrie-4-0-braucht-energiemanagement/
https://www.industrie40-info.de/verbrauch-folgt-der-erzeugung
https://industrieanzeiger.industrie.de/technik/energiemanagement-sorgt-fuer-ueberblick/